Die Ortsgemeinde informiert über die Einführung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge in der Ortsgemeinde Sohren

Das Land Rheinland-Pfalz hat mit Gesetz vom 05. Mai 2020 die grundsätzliche flächendeckende Einführung des wiederkehrenden Straßenausbaubeitrages (wkB) beschlossen. Die Umstellung ist bis spätestens 31. Dezember 2023 vorzunehmen. Aus diesem Grund beschäftigt sich derzeit auch die Ortsgemeinde Sohren mit der Thematik der Einführung der wkB und beabsichtigt, ihr Abrechnungssystem umzustellen.

Der Hauptausschuss hat sich in seinen Sitzungen am 25. Januar 2022 und am 12. April 2022 intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und eine Beschlussempfehlung für eine neue Ausbaubeitragssatzung an den Gemeinderat gegeben. Mit der Ausarbeitung des empfohlenen Satzungsvorschlages ist es gelungen, für künftige Ausbaumaßnahmen in der Ortslage Sohren ein Abrechnungsinstrument zu schaffen, bei dem sich mehr als 91 % aller Grundstückseigentümer an den Kosten beteiligen. Nach dem Auslaufen von Verschonungen steigt dieser Prozentsatz in den nächsten Jahren noch weiter. Je mehr Beitragszahler in der Abrechnungseinheit sind, umso geringer wird der wkB für den einzelnen beitragspflichtigen Grundstückseigentümer.

Einige grundlegende Fragen zur Einführung des wkB möchten wir Ihnen vorab erläutern:

1. Wofür werden Ausbaubeiträge erhoben?

Ausbaubeiträge werden für öffentliche gemeindeeigene Verkehrsanlagen (Straßen, Gehwege, Straßenbeleuchtung) erhoben. Es muss sich bei der Ausbaumaßnahme um Erneuerung, Erweiterung, Umbau oder Verbesserung einer bereits bestehenden öffentlichen Verkehrsanlage handeln. Für klassifizierte Straßen (Landes-, Bundes- oder Kreisstraßen) werden keine Ausbaubeiträge erhoben. An diesen Straßen sind gemeindeeigene Verkehrsanlagen: Gehwege und Straßenbeleuchtung. Ebenfalls werden für die erstmalige Erschließung (z.B. eine Straße im Neubaugebiet) oder reine Unterhaltungsmaßnahmen keine Ausbaubeiträge erhoben.

2. Was ist der Unterschied von einmaligen Beiträgen und wiederkehrenden Beiträgen?

Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass bei Ausbaumaßnahmen beim Einmalbeitrag nur die angrenzenden Grundstücke an der ausgebauten Verkehrsanlage zu Beiträgen herangezogen werden, während beim wkB nun alle beitragspflichtigen Grundstücke innerhalb einer Abrechnungseinheit zur Zahlung von Beiträgen veranlagt werden. Der umlagefähige Aufwand wird dadurch auf eine wesentlich größere Anzahl von beitragspflichtigen Grundstücken verteilt. Hierdurch entfällt die hohe Einmalbelastung der Anlieger an der ausgebauten Straße. Alle beitragspflichtigen Grundstücke innerhalb der Abrechnungseinheit zahlen nun kleinere Beträge, dafür aber öfter und bei jeder Baumaßnahme in der Abrechnungseinheit.

Die öffentliche Einrichtung ist beim Einmalbeitrag jede einzelne Verkehrsanlage. Beim wkB hingegen verschmelzen alle öffentlichen Verkehrsanlagen innerhalb der Abrechnungseinheit zu einer öffentlichen Einrichtung.

3. Was ist eine Abrechnungseinheit?

Eine Abrechnungseinheit kann ein gesamtes Gemeindegebiet oder aber einzelne Teile einer Gemeinde sein. Dies kann nicht willkürlich gewählt werden, sondern ist von der Struktur einer Gemeinde abhängig. Mit ca. 3.300 Einwohnern (Stand April 2022) handelt es sich bei der Ortsgemeinde Sohren um eine - im Rechtssinn - kleine Gemeinde. Die Ortslage ist zusammenhängend bebaut, trennende Zäsuren sind keine erkennbar. Die gesamte Ortslage von Sohren bildet daher eine Abrechnungseinheit.

4. Wann ist ein Grundstück beitragspflichtig?

Beitragspflichtig ist ein Grundstück, wenn es eine Zugangs- oder Zufahrtsmöglichkeit zu einer der öffentlichen Verkehrsanlagen in der Abrechnungseinheit hat. Es muss durch eine der öffentlichen Verkehrsanlagen innerhalb der Abrechnungseinheit erschlossen sein. Außenbereichsgrundstücke unterliegen nicht der Beitragspflicht.

5. Welche Verteilungsmaßstäbe gibt es?

Grundstücke sind entsprechend ihrem Vorteil, den sie durch die Verkehrsanlage erfahren, unterschiedlich zu gewichten.

Die Verteilungsmaßstäbe werden nach

  1. der Grundstücksgröße
  2. dem Maß der baulichen Nutzbarkeit (wie viele Vollgeschosse darf man bauen?)
  3. der Art der Nutzung (Wohnung/Gewerbe)

festgelegt. Die Maßstäbe werden in der Satzung geregelt.

  1. Grundstücksgröße ist die Größe des Grundstückes laut Grundbuch unter Berücksichtigung einer evtl. Tiefenbegrenzung.
  2. Die bauliche Nutzbarkeit ergibt sich aus den entsprechenden Bebauungsplänen bzw. nach der zulässigen Bebaubarkeit entsprechend der Umgebungsbebauung. Hier wird darauf abgestellt, wie viele Vollgeschosse auf einem Grundstück errichtet werden dürfen. Für diese „möglichen“ Vollgeschosse wird ein Zuschlag erhoben. Dieser soll in Sohren für die ersten beiden Vollgeschosse einheitlich 0 v.H. und ab dem dritten Vollgeschoss 10 .v.H. betragen.
  3. Weiterhin sieht das Kommunalabgabengesetz einen Artzuschlag für gewerblich oder in ähnlicher Weise genutzte Grundstücke vor. Grundstücke, auf denen ein Gewerbe ausgeübt wird, verursachen i.d.R. eine höhere Nutzung der Verkehrsanlage gegenüber einem Grundstück mit einer einfachen Wohnnutzung. Daher ist für Grundstücke in Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten die Grundstücksfläche, die ausschließlich gewerblich, industriell oder in ähnlicher Weise genutzt werden, mit einem Artzuschlag von 20 v.H. gewichtet. Die ermittelte Grundstücksfläche wird um 20 v.H. erhöht. Bei teilweise gewerblich, industriell oder in ähnlicher Weise genutzten Grundstücken (gemischt genutzte Grundstücke) in sonstigen Baugebieten erhöhen sich die Maßstabsdaten um 10 v.H.

6. Was ist eine Tiefenbegrenzung?

Die Tiefenbegrenzung ist die Abgrenzung vom Innen- zum Außenbereich bei einem Grundstück. Diese Regelung findet bei Grundstücken Anwendung, die eine Tiefe von mehr als 40 Metern (gemessen von der Straßenfront) aufweisen. Der Grundstücksteil, der hinter dieser Tiefenbegrenzungslinie liegt, wird bei der Berechnung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche i.d.R. nicht mit einbezogen. Hier gibt es allerdings Ausnahmen. Ist der Grundstücksteil hinter der Tiefenbegrenzungslinie z.B. bebaut, verschiebt sich die Tiefenbegrenzungslinie bis zur hinteren Grenze der tatsächlichen Nutzung.

7. Werden die Kosten für eine Ausbaumaßnahme in voller Höhe auf die Grundstückseigentümer umgelegt?

Nein. Die Gemeinde trägt, so wie beim Einmalbeitrag auch, einen Teil der Kosten, den sogenannten Gemeindeanteil. Der Gemeindeanteil wird in der Ausbaubeitragssatzung-wkB festgeschrieben. Er darf nicht frei gewählt werden, sondern richtet sich nach dem Verkehrsaufkommen (Anliegerverkehr und Durchgangsverkehr) innerhalb der Abrechnungseinheit und ist für die gesamte Abrechnungseinheit einheitlich. Die verbleibenden umlagefähigen Kosten werden auf die beitragspflichtigen Grundstücke umgelegt. Der Durchgangsverkehr der klassifizierten Straßen ist bei der Ermittlung nicht zu berücksichtigen. Nach Abwägung aller vorliegenden Tatsachen, kam der Hauptausschuss in seiner Empfehlung auf einen Gemeindeanteil von 35 %.

8. Wie wird der Wiederkehrende Straßenausbaubeitrag für ein Grundstück ermittelt?

Zunächst wird ein Beitragssatz pro m² beitragspflichtiger Grundstücksfläche wie folgt ermittelt:
Pro Jahr werden die umlagefähigen Kosten für Ausbaumaßnahmen innerhalb einer Abrechnungseinheit abzüglich des Gemeindeanteils errechnet und ergeben den zu verteilenden Aufwand. Die Flächen der beitragspflichtigen Grundstücke in der Abrechnungseinheit werden ermittelt und gewichtet. Anschließend werden die beitragsfähigen Kosten (der zu verteilende Aufwand) durch die Summe der gewichteten beitragspflichtigen Grundstücksflächen innerhalb der Abrechnungseinheit geteilt und ergeben so einen Beitragssatz pro m² beitragspflichtiger Grundstücksfläche.

Der ermittelte Beitragssatz wird anschließend mit der beitragspflichtigen Grundstücksfläche multipliziert. Man erhält als Ergebnis die Beitragslast für die jeweilige Ausbaumaßnahme bezogen auf das beitragspflichtige Grundstück.

Beispiel für ein Wohnbaugrundstück mit einer gewichteten beitragspflichtigen Fläche von 800 m²

Kosten der Ausbaumaßnahme 200.000,00 €
abzgl. Gemeindeanteil 35 % - 70.000,00 €
zu verteilender Aufwand: 130.000,00 €
   
Summe gewichtete beitragspflichtige Grundstücksfläche in der Abrechnungseinheit 1.000.000,00 m²
Beitragssatz: (130.000 € : 1.000.000 m²) 0,13 €
beitragspflichtige Fläche Wohnbaugrundstück 800,00 m²
wkB für das Wohnbaugrundstück (0,13 € x 800 m²) 104,00 €

9. Müssen Anlieger jedes Jahr wiederkehrende Straßenausbaubeiträge bezahlen?

Nein. Man bezahlt nur dann wiederkehrende Straßenausbaubeiträge, wenn in der Abrechnungseinheit im Kalenderjahr auch tatsächlich Ausbaumaßnahmen durchgeführt wurden und Kosten hierfür entstanden sind. Der wkB ist für die Gemeinde keine „Spardose“, in der Beiträge für zukünftige Straßenausbaumaßnahmen gesammelt werden können. (keine Maßnahmen – keine Kosten – keine Beitragserhebung).

10. Ist die Höhe des wiederkehrenden Beitrages jedes Jahr gleich?

Nein. Die Höhe des wkB errechnet sich in jedem Jahr neu. Diese ist zum einen abhängig von den Kosten, die in einem Jahr innerhalb einer Abrechnungseinheit anfallen und andererseits von der Summe der beitragspflichtigen Grundstücke (z.B. Änderung der Flächen wegen Wegfall von Zuschlägen oder Verschonung).

11. Müssen Anlieger an einer klassifizierten Straße (Bundes-, Landes- oder Kreisstraße) wie beim bisherigen Einmalbeitrag nur für den Ausbau der Gehwege und Beleuchtung Beiträge zahlen?

Nein. Das liegt daran, dass sich der beitragsrelevante Vorteil beim wkB nicht an der einzelnen Straße orientiert, sondern am gesamten Verkehrsnetz in der Abrechnungseinheit. Diese Vorgehensweise ist mehrfach durch die Rechtsprechung (OVG Rheinland-Pfalz) bestätigt.

12. Müssen Anlieger, die vor wenigen Jahren bereits Erschließungs- oder Ausbaubeiträge gezahlt haben, trotzdem wiederkehrende Beiträge bezahlen?

Die Gemeinde hat die Möglichkeit, Grundstücke, die in den letzten Jahren zu Erschließungsbeiträgen, Ausbaubeiträgen oder Ausgleichsbeträgen nach dem BauGB (Sanierungsgebiet) herangezogen wurden, von der Entrichtung der wkB zu verschonen. Der Anteil der verschonten Grundstücke wird nicht von der Gemeinde getragen, sondern auf die übrigen Grundstücke umgelegt. Der Hauptausschuss hat als Empfehlung an den Ortsgemeinderat eine Höchstverschonungsdauer von 15 Jahren beschlossen. In Anlehnung an die Empfehlung in der Mustersatzung des Gemeinde- und Städtebundes erging folgender Vorschlag.

  1. Bei erstmaliger Erschließung 15 Jahre
  2. Bei Ausbaumaßnahmen nach Einzelabrechnung
    1. 15 Jahre bei kompletter Herstellung der Verkehrsanlage
    2. 12 Jahre bei Herstellung der Fahrbahn
    3. 8 Jahre bei Herstellung des Gehweges
    4. 5 Jahre bei Herstellung der Beleuchtung bzw. durchgeführter Veranlagung von Grunderwerb, Straßenoberflächenentwässerung oder anderer Teilanlagen.
  3. Bei Grundstücken, die in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet zu Ausgleichsbeträgen herangezogen worden sind, erfolgt die Verschonung nach Beträgen und zwar je ein Jahr Verschonung pro angefangenem 1,20 € gezahltem Betrag:
    • 0,01 € - 1,20 € pro qm Grundstücksfläche = 1 Jahr Verschonung
    • 1,21 € - 2,40 € pro qm Grundstücksfläche = 2 Jahre Verschonung
    • 2,41 € - 3,60 € pro qm Grundstücksfläche = 3 Jahre Verschonung
    • ….
    • Ab 16,81 € pro qm Grundstücksfläche = 15 Jahre Verschonung

Für Rückfragen können Sie gerne Ortsbürgermeister Markus Bongard (Tel. 06543/3441, Email: buergermeister@sohren.de) oder Frau Bettina Klingels, Verbandsgemeindeverwaltung Kirchberg (Tel. 06763/910-516, Email: b.klingels@kirchberg-hunsrueck.de) ansprechen.

Zudem bieten wir Ihnen am Dienstag, dem 17. Mai 2022, um 19:00 Uhr eine Informationsveranstaltung zu diesem Thema in der Bürgerhalle an. An diesem Abend wird die Umstellung auf den wkB in der Ortsgemeinde Sohren umfassend erläutert.

Markus Bongard, Ortsbürgermeister